Das ITES auf der 1. Frankfurter Armutskonferenz
Am Samstag, 21.9.2024 fand die 1. Frankfurter Armutskonferenz des neu initiierten Frankfurter Bündnisses gegen Kinder- und Jugendarmut in Verantwortung der Dezernentin für Soziales und Gesundheit, Elke Voitl, und unter Federführung des Jugend- und Sozialamtes der Stadt Frankfurt am Main statt. Ziel ist, durch die Erarbeitung und Umsetzung einer dezernats-, ämter- und trägerübergreifenden kommunalen Strategie Kinder- und Jugendarmut kurz- und mittelfristig zu bearbeiten und bis zum Jahr 2050 deutlich zu reduzieren respektive zu beseitigen. Unter den rund 450 Teilnehmer*innen aus den verschiedensten Tätigkeitsfeldern mit Berührungspunkten zur Arbeit mit (armutserfahrenen) Kindern und Eltern waren auch Mitglieder des ITES anwesend und z.T. aktiv beteiligt (Julian Sehmer, Jessica Prigge, Uwe Josuttis und Anja Kerle).
Das Programm sah am Vormittag Einblicke in die bisherige Arbeit des Bündnisses vor sowie fachliche Impulse von Prof. Dr. Rainer Forst, Prof. Dr. Christoph Butterwegge und Gerda Holz. Am Nachmittag wurden parallele Workshops zur inhaltlichen Diskussion und Beteiligung angeboten. Im Rahmen von zwei Workshops haben Jessica Prigge und Anja Kerle insbesondere die Arbeitsgruppe Armutsforschung im ITES vertreten und einen Akzent zur inhaltlichen Gestaltung der Armutskonferenz beigetragen. Die sich im Frühjahr 2024 konstituierte ITES-Arbeitsgruppe Armutsforschung versteht sich als Arbeitszusammenhang zum fachlichen Austausch bezogen auf das Thema Armut. Ziel ist, die breiten Expertisen der sozialpädagogisch-armutsforschenden Mitglieder des ITES zu bündeln und durch gemeinsame Diskurse, Publikationen und Forschungsprojekte zum sozialpädagogischen Fachdiskurs und Gestaltung einer armutssensiblen Praxis Sozialer Arbeit beizutragen.
Im Workshop von Jessica Prigge ging es um armutssensible Organisationsentwicklung in der Sozial- und Kindheitspädagogik. Organisationen wurden als pädagogisch gestaltbare Bedingungen professionellen Handelns gerahmt. Vor diesem Hintergrund wurde gemeinsam den Fragen nachgegangen, welche Maßnahmen und Angebotsformen eine armutssensible Praxis der Fachkräfte in den Einrichtungen unterstützen und welche sie wiederum erschweren. Die Teilnehmenden brachten in den Diskussionen verschiedenste Perspektiven aus der Kinder- und Jugendhilfe ein. Deutlich wurden Potentiale der fachpolitischen Positionierung gegen Tendenzen der Individualisierung von Armut, die sich aus den Überlegungen zur professionellen Organisationsgestaltung ergaben.
Der Workshop von Anja Kerle beschäftigte sich mit Klassismus bei der Arbeit mit Kindern und Familien. Es wurden verschiedene Formen und Bereiche klassistischer Diskriminierung vorgestellt. Dadurch wurden die Fachkräfte, die in verschiedensten Bereichen mit Kindern, Eltern und Familien tätig waren für das Phänomen sensibilisiert. Gemeinsam wurden abschließend Möglichkeiten einer solidarischen und anti-klassistischen Praxis in verschiedenen Handlungsfeldern und Arbeitsbereichen diskutiert. Eine wichtige abschließende Erkenntnis war, dass hierfür auch ein grundlegender sozial-ökologischer gesellschaftlicher Wandel erforderlich ist.
In der Gesamtschau der Armutskonferenz in Frankfurt stechen insbesondere das Engagement, die Motivation und die Überzeugung der Beteiligten durch, sich systematisch und wissenschaftsbasiert dieser komplexen Herausforderung zu stellen. Auch die Zahl der Teilnehmenden und die notwendige Warteliste für die Veranstaltung sprechen dafür, dass die Organisator*innen mit diesem Anliegen auf offene Ohren gestoßen sind und Mitstreiter*innen begeistern konnten. Schon in den Grußworten des Oberbürgermeisters Mike Josef und von Dezernentin Elke Voitl wurde zudem deutlich, dass es den Verantwortlichen sehr ernst damit zu sein scheint, nicht nur an der Oberfläche zu kratzen und die Auswirkungen von Kinderarmut zu bearbeiten, sondern auch die Ursachen von Armut nachhaltig angehen zu wollen.
Mit diesem Bündnis und dem systematischen, analytischen und partizipativen Vorgehen in Verknüpfung planerischer, politischer, wissenschaftlicher und pädagogischer Perspektiven kann das Bündnis gegenwärtig als Leuchtturm in der kommunalen Armutsbekämpfung gelten, der hoffentlich als solcher auch andere Kommunen motiviert, ähnliches in Bewegung zu setzen.
Als Mitglieder der AG Armutsforschung des ITES wünschen wir dem Bündnis viel Erfolg, anhaltenden Rückenwind und sind gespannt auf die weiteren Entwicklungen, kommende Armutskonferenzen und erste Ergebnisse.