Am 29.06.2025 ist Felix Thiele – Mitglied des ITES, geschätzter Kollege und Freund – viel zu früh im Alter von 31 Jahren verstorben. Mit ihm geht ein kluger, kritischer Geist und ein hilfsbereiter, solidarischer Mensch von dieser Erde. Felix engagierte sich im ITES in der AG zu rechten Dynamiken. Und dieses Thema war es auch, das unsere Arbeit miteinander über unsere gemeinsame Zeit an der Uni Kassel hinaus verbunden hat, wo wir einige Jahre zusammen die Kassler Ringvorlesung gegen Rechtsextremismus organisierten.
Formal arbeitete Felix als studentischer Mitarbeiter für die Ringvorlesung, füllte diese Rolle aber entgegen der sonst oft so starren Hierarchien in der Universität ganz anders aus. Für Felix war es klar, dass er als studentischer Mitarbeiter genauso vollwertig zum Team gehört, wie wir als wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und er hat so eine Zusammenarbeit in der Ringvorlesung etabliert, die von da an zu unserem Idealmodell wurde. Gemeinsam diskutierten wir die Oberthemen für die jeweilige Vorlesung, suchten nach möglichen Referent*innen und arbeiteten zusammen darauf hin, dass Studierende, Lehrende, Mitarbeitende und Gäste der Uni Kassel einen Ort des Austauschs und der Impulse für das wissenschaftliche, professionelle und zivilgesellschaftliche Engagement gegen Rechtsextremismus finden. Jeden Montag standen wir zusammen im Hörsaal, moderierten und diskutierten zu verschiedenen Schwerpunktthemen und gingen im Anschluss gemeinsam oder mit den Referent*innen Abendessen. Mit Felix in der Runde konnte man sicher sein, dass spannende politische Diskussionen nicht im Sande verliefen und dass auch Humor und Freude im Umgang miteinander bei all der desaströsen politischen Weltlage nicht zu kurz kommen würden. Felix mischte sich ein, diskutierte leidenschaftlich in unserem Orgateam, aber auch mit den Referent*innen, war interessiert, erkannte logische Sackgassen und benannte aus seiner Sicht problematische Argumentationen, um besser den Standpunkt der Anderen zu verstehen und sich gemeinsam auf dialogisches Denken einzulassen.
Dass wir in der Corona-Pandemie gemeinsam und mit unserer Kollegin Jenni Ten Elsen an dem Sammelband recht extrem? Dynamiken in zivilgesellschaftlichen Räumen arbeiten konnten, war für uns Herausgeber*innen eine erste schöne Erfahrung, die wir teilten. Seine eigene Beschäftigung mit HipHop wurde dabei zum Anlass, in einem eigenen Beitrag des Sammelbandes Ideologien der Ungleichwertigkeit im Gangsterrap nachzugehen. Dass es etwas Besonderes ist, mit Felix zu arbeiten, konnten wir dann auch bei der gemeinsamen Arbeit an einem Beitrag für das Dossier Rechtsextremismus der Bundeszentrale für politische Bildung noch einmal erleben. Für uns war ganz klar, dass Felix eine Bereicherung für eine kritische und solidarisch involvierte Wissenschaft ist. Sich nach seinem Studium der Politikwissenschaften auf eine Stelle in der Wissenschaft zu bewerben, wozu wir ihn überreden wollten, kam aber erst mal nicht für Felix in Frage. Seine Antwort: „Ach ne, lasst mal. Ich will eigentlich einfach nur Gramsci lesen“. Wissenschaft als Mittel der Erkenntnis und als Instrument zur Kritik schätzte und verkörperte Felix, schärfte aber auch unseren Blick für die Probleme des Wissenschaftssystems, die gerade eine solche engagierte und von einem eigenen Erkenntnisinteresse geprägte Suche nach Wissen gerade in prekären Projektstellen eher verhindern kann.
„Alle Menschen sind Intellektuelle, aber nicht alle Menschen haben in der Gesellschaft die Funktion von Intellektuellen“ (Gramsci Gefängnishefte, H. 12, §1, 1500)
Felix wird für uns immer ein Intellektueller sein, an den wir denken, wenn wir mit den Widersprüchlichkeiten der Welt umgehen müssen und die so notwendige Ideologiekritik zu üben haben.
Noch im Mai war Felix voller Hoffnung, dass wir spätestens im kommenden Jahr gemeinsam im ITES forschen können. Dass es jetzt doch ganz anders gekommen ist, macht uns unfassbar traurig. Dankbar sind wir dennoch, dass wir mit Felix arbeiten und mit und von ihm lernen durften. Danke für die anregenden Diskussionen und danke für die gemeinsame Zeit, lieber Felix! Wir werden Dein Andenken bewahren.
Stellvertretend auch für das ITES,
Deine Kolleg*innen und Freund*innen,
Stephie und Julian